50 € für 5 KG Kartoffeln? Was Vergleichswerte für die bAV-Beratungen können
Weshalb sind Zahlen, die uns selbst nicht betreffen, so wichtig?
Manche behaupten von sich, überhaupt kein Zahlenverständnis zu haben, andere sind noch Jahrzehnte nach dem Abi stolz auf ihren Mathe-Leistungskurs.
Ich selbst würde mich zu den mathematisch eher weniger begabten zählen - ich musste mir das Gefühl für Zahlen über die Jahrzehnte fleißig antrainieren. Und gerade weil es mir selbst nicht in die Wiege gelegt wurde, dieses grundlegende Zahlen- und Mengenverständnis, deshalb kann ich jeden Menschen verstehen, der so seine Probleme mit Zahlen hat.
In der betrieblichen Altersvorsorge - bekannt als komplexe Materie - geht eigentlich nichts ohne Zahlen. Die Vorsorgelücke ist eine Zahl - mit Jahrzehnten Abstand dazu noch eine völlig emotionslose Zahl, das Gehalt ist eine Zahl - im Vergleich mit der eigenen Leistung und dem was der Kollege bekommt, gewinnt sie an Emotionalität, der Kontostand ist eine Zahl - je nach Orientierung mehr oder weniger belastend oder erfreulich.
In der Beratung von betrieblicher Altersvorsorge geht es um die bislang emotionslose Zahl der Differenz zwischen Einkommen und Rentenerwartung, um Zahlen auf der Gehaltsabrechnung (die für viele Mitarbeiter lebenslang ein Brief mit sieben Siegeln bleibt), um Zahlen die irgendeiner Zuwendung zufließen (z. B. Steuer- und Sozialabgaben: alles abstraktes Zahlenwerk ohne direktes Nutzenerlebnis), um weniger Netto (die einzige Zahl, die spätestens auf dem Girokonto ihre Abstraktheit einbüßt), um Zahlen, die eine Erwartung ausdrücken, was aus der betrieblichen Altersvorsorge einmal herauskommen könnte. Zahlen, Zahlen, Zahlen.
Wenn ich (oder mein Gesprächspartner) nun also nicht über die richtige Chemie zu Zahlen verfüge, dazu wenig Neigung zum Kapital- und Finanzmarkt habe und die Rente auch noch so weit weg ist, woher soll ich einschätzen können, ob das Angebot für mich gut ist? Wie soll ich einschätzen können, ob es für mich wichtig und richtig ist, ob es sich für mich rechnet?
Dazu brauchen wir Vergleichswerte!
Wenn ein Vergleichswert bekannt ist und meine persönlichen Werte bekannt sind, beides auf vergleichbarer Betrachtung- und Berechnungsbasis kalkuliert wurde, gelingt es, eine Einschätzung treffen zu können.
Dann kann ich feststellen, wo, im Vergleich zu einer Gesamtheit, mein eigener Wert angesiedelt ist. Zur Verdeutlichung entführe ich uns noch einmal in unsere Schulzeit.
Wir haben eine Arbeit geschrieben und nachher ein diffuses Gefühl gehabt - war es gut, war es schlecht? Man wusste es nicht - wir hatten (noch) keinen Vergleichswert. Bis der Lehrer mit dem Stapel korrigierter Hefte anrückte. Ich erinnere mich noch sehr gut daran, wie sich das bis dahin diffuse Gefühl in erregten Streß steigerte - ich konnte meine Leistung zwar für mich selbst einordnen, jedoch nicht im Kontext eines Klassenverbandes. Ich kannte ja nicht die Leistung der anderen. Erst der Klassendurchschnitt und die eigene Note brachten die Erlösung. Und eine 1 bei einem Klassendurchschnitt von 2,0 war einfach weniger wert als eine 2+ bei einem Klassendurchschnitt von 3,4. Nach dem ersten pubertären Impuls, dass die Schuld beim Lehrer lag (nur bei schlechten Noten), fand ich mich rasch in der Transferleistung wieder, mich verstärkt auf den Hosenboden zu setzen und zu büffeln.
Um die Wichtigkeit von Vergleichswerten aufzuzeigen, möchte ich Ihnen noch eine lustige Geschichte aus meiner Ehe erzählen:
Als unsere Tochter geboren wurde, enterte mein Mann mit Freude den Haushalt samt Küche. Er hat sich ein Jahr Elternzeit genommen und arbeitet bis heute (13 Jahre später) in Teilzeit. Jedenfalls hatte er keine Ahnung von Lebensmittelpreisen als eines Tages ein Bauer an der Tür klingelte und ihm seine Kartoffeln anpries. Der Bauer war ein Schlitzohr und oder ein Verkaufstalent: Mein Mann war begeistert und kaufte ihm einen Probebeutel mit 5 KG Kartoffeln für 50 € ab!
Die Lernkurve meines Mannes schoss exponentiell nach oben. Heute ist er ein Preisfuchs und besitzt ein exzellentes Wissen über tagesaktuelle Angebote zu allem was ein Männerherz an der Fleischtheke (Richtung Grill) höher schlagen lässt!
Wann sind Vergleichswerte in der bAV sinnvoll?
Fangen wir beim Arbeitgebergespräch an: Denken Sie als allererstes daran, dass die meisten Ihrer Gesprächspartner Laien in Finanz-, Renten-, Rechts- und Kapitalmarktthemen sind! Meistens ist Ihr Gesprächspartner in einem KMU ein Geschäftsführer, der seine Firma gegründet hat, um mit einer zündenden Idee seinen Traum zu verwirklichen. DAS interessiert ihn - wenig anderes. Und jetzt kommen Sie oder ich mit dem Thema betriebliche Altersvorsorge - das ist NICHT SEIN Thema!
Mit Vergleichswerten aus seiner Branche, seiner Konkurrenz, aus der Region kann er seinen Status Quo erkennen und nun aktiv bestimmen, ob er seinen Level verändern möchte.
Sie müssen nun dafür sorgen, dass er - auf Augenhöhe - erkennt, weshalb es unbedingt SEIN Thema werden sollte! Und welchen Nutzen ER & SEIN UNTERNEHMEN daraus ziehen wird. Eine komplette Arbeitgeber-Gesprächsführung geben ich hier nicht - wir wollen uns ja auf die Vergleichswerte, die Benchmarks beziehen.
Mit diesen Vergleichswerten gelingt es dem Arbeitgeber, seine Position zu bestimmen und mit seiner gewünschten Positionierung abzugleichen:
Zwei Drittel der Unternehmen in Deutschland geben der bAV in Bezug auf Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung eine hohe oder sehr hohe Bedeutung!
660 € beträgt die durchschnittliche Rente beim Start der Regelaltersrente!
Für 80 % der Mitarbeiter ist die bAV die wichtigste Zusatzleistung des Arbeitgebers. bKV kommt immerhin auf 56 %, Kinderbetreuung auf 51 % und die Kantine auf 46 %. Das Diensthandy hat mit 43 % fast nur halb so viele Fans wie die bAV! (Studie Continentale 2021)
83 % der Unternehmen zahlen mehr bAV-Zuschuss als das Gesetz verlangt!
Ihr Gesprächspartner wird sich wahrscheinlich den zwei Drittel an Kollegen anschließen, die bAV einer hohen bzw. Sehr hohen Bedeutung beimessen. Und ganz sicher wird er der Meinung sein, dass auch seine Mitarbeiter mehr als 660 € Rente brauchen werden. Und er wird sich freuen, mit der bAV 80 % seiner Belegschaft etwas Gutes tun zu können.
Ohne diese Kennzahlen hätten Sie vielleicht mit ihm diskutiert, dass eine Direktversicherung keinen von einer Kündigung abhalten würde…
Die erforderlichen Schritte, um seine Wunschpositionierung zu erreichen, können Sie als Berater nun sehr schlüssig mit ihm auf Augenhöhe erarbeiten.
Wichtige Vergleichswerte im Arbeitnehmergespräch sind zum Beispiel:
Die Höhe der Versorgungslücke: Wie viele Euros fehlen wirklich? Keiner meiner späteren Kunden wusste, wie gravierend die Differenz zwischen Gehalt und Rente ist.
Höhe des benötigten Altersvermögens: Wie viel Vermögen muss ich besitzen, um diese Lücke lebenslang schließen zu können? Keiner meiner Kunden wusste, dass für 500 € Lücke 150.000 € Alterskapital benötigt würde.
Höhe des monatlichen Sparbetrages: Wie viel muss ich ab heute sparen/investieren, damit ich dieses Vermögen aufbauen kann? Da keinem meiner Kunden die ersten beiden Punkte genau bekannt waren, hatte auch keiner eine Vorstellung, wie hoch sein monatliches Investment sein müsste.
In dem Moment, indem Ihr Kunde nun Vergleichswerte, Benchmarks kennt, ist er in der Regel in der Lage, seine Situation besser einzuschätzen und eine Transferleistung, nämlich dass nun eine Aktion von ihm erforderlich ist, zu erkennen.
"Was machen denn die anderen?"
Diese Frage ist der Ruf nach Vergleichswerten! Ich höre die Frage eigentlich immer im Arbeitgebergespräch. Ich kann dann auf sehr attraktive Arbeitgeberzuschüsse zur bAV aus meinem Kundenkreis zurückgreifen. Und jetzt passiert etwas bei meinem Gesprächspartner: Er kann sich einsortieren und wird sich (das ist glaube ich Charaktersache) am unteren Ende, in der Mitte oder an die Spitze mit seinem Zuschuss setzen. Auf keinen Fall wird er sich als das Schlusslicht positionieren. Gehen Sie also guten Gewissens an dieser Gesprächsstelle mit diesen Benchmarks weiter:
Aktuelle Studien raten Arbeitgebern zu mindestens 50 % Zuschuss zur Entgeltumwandlung.
Unternehmen Ihrer Größe/Branche/Region investieren 1 - 2 % der Lohnsumme in die bAV.
Meine Kunden berücksichtigen Betriebstreue beim Arbeitgeberzuschuss durch steigende Zuschüsse bis zu 100 %.
Lediglich 17 % der Unternehmen bezuschussen nur mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtzuschuss.
Auch beim Zuschuss habe ich noch keinen Arbeitgeber erlebt, der sich darum bemüht hätte, das Schlusslicht der roten Laterne an sich zu reißen. Je nach Charakter und einigen anderen Faktoren, wird sich der Entscheider gerne im oberen Mittelfeld als einer der freundlichen Arbeitgeber positionieren wollen.
Ohne das Wissen um die Vergleichskennzahlen, wäre ihm diese Positionierung nicht möglich gewesen!
In Arbeitnehmerberatungen habe ich die Frage "Was machen denn die anderen" früher gehört. Seitdem ich zu Beginn der Belegschaftspräsentationen die Mitarbeiter ihre Vergleichswerte selbst errechnen lasse, hat sich die Frage erübrigt. Sie haben sich ihre Benchmarks selbst errechnet und können die richtige Schlußfolgerung ziehen.
Fazit:
Vergleichwerte ermöglichen, auch ohne konkretes Einzelwissen, eine Entscheidungsgrundlage.
Das Wissen um Vergleichswerte ermöglicht die Einschätzung der Situation und veranlasst im Inneren die eigene Eingruppierung im Vergleich zur Benchmark.
Vergleichswerte geben Haltelinien, um eine Entscheidung in einem Kontext treffen zu können.
Ohne das Wissen um Vergleichswerte, sind Entscheidungen gefährdet, außerhalb eines als allgemein richtig angesehenen Korridors gefällt zu werden und daher nicht die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Vergleichswerte erleichtern den Zugang zu komplexen Themen und ermöglichen so eine Bewertung, die eine Entscheidung zur Folge haben kann.
Vergleichswerte haben keinen direkten Bezug zu uns und verursachen daher keine vorrangig emotionale Betrachtung. Daher können Vergleichswerte als relativ neutrale Fakten angenommen werden und verursachen keine emotionalen Blockaden.
Vergleichswerte helfen, eine Entscheidung zu treffen, die bewußt an einer exakt bestimmten Stelle im Kontext andockt, um entsprechende Wirkungen zu erzielen.
Bei komplexen Themen (wie zum Beispiel der bAV) sind Vergleichswerte äußerst hilfreich, um schnelle und tragfähige Entscheidungen treffen zu können.
Vergleichswerte ermöglichen, die eigene Position zu erkennen und daraus geeignete Schritte zum Erreichen der gewünschten Positionierung abzuleiten.